Sie haben ein Mandat oder Projekt erfolgreich abgeschlossen – und trotzdem denken Sie: Das war doch nur Glück. Sie bekommen Lob – und fragen sich innerlich: Wenn die wüssten … Oder Sie zweifeln regelmäßig an Ihrer Leistung, obwohl objektiv alles für Sie spricht?
Dann sind Sie nicht allein. Was Sie da empfinden, könnte das Impostor-Syndrom sein – auch bekannt als Imposter- oder Hochstapler-Syndrom.
Viele Menschen, gerade unter den besonders leistungsorientierten, kennen dieses Gefühl: Ich gehöre hier eigentlich nicht hin.
Sie fürchten, irgendwann „entlarvt“ zu werden – obwohl es keinerlei sachliche Grundlage dafür gibt. Oft begleiten diese Gedanken auch ein überhöhter Perfektionismus, die Angst vor Fehlern oder das ständige Gefühl, nicht genug zu leisten – selbst wenn das Umfeld längst begeistert ist.
Ich erlebe dieses Phänomen häufig in meiner Arbeit mit Juristinnen und Juristen – zum Beispiel bei meiner Klientin L., Anfang 30, Anwältin in einer internationalen Kanzlei. Sie hatte zwei Staatsexamina mit Prädikat abgeschlossen, war Associate in einer hochrenommierten Praxisgruppe – und stand dennoch immer wieder unter enormem inneren Druck. Ein kleiner Rechtschreibfehler in einer E-Mail konnte sie stundenlang beschäftigen. Immer wieder fragte sie sich: Wie lange geht das noch gut? Wann merken sie, dass ich gar nicht so gut bin, wie alle denken? Dabei lobten Partner:innen regelmäßig ihre präzise Arbeit, und auch Mandant:innen waren voll des positiven Feedbacks.
Das Impostor-Syndrom ist kein Einzelfall und auch kein Zeichen von Schwäche – im Gegenteil: Es betrifft oft die Klügsten, Engagiertesten und Ehrgeizigsten unter uns.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- was genau hinter dem Impostor-Syndrom steckt,
- warum es so weit verbreitet ist,
- welche Ursachen es hat,
- und welche Schritte Sie unternehmen können, um einen besseren Umgang hiermit zu finden – ganz konkret, praxistauglich und psychologisch fundiert.
Was ist das Impostor-Syndrom?
Das Impostor-Syndrom beschreibt ein psychologisches Muster: Menschen, die unter diesem Phänomen leiden, zweifeln trotz nachweislicher Erfolge an ihren Fähigkeiten – und haben das Gefühl, ihren Erfolg nicht verdient zu haben.
Sie schreiben ihre Leistungen äußeren Faktoren zu: Glück, Zufall, dem Wohlwollen anderer oder gar einem „Systemfehler“. Nie aber sich selbst.
Der Begriff Impostor-Syndrom wurde 1978 von den Psychologinnen Pauline Clance und Suzanne Imes geprägt. In ihrer Studie beobachteten sie, dass gerade besonders erfolgreiche Frauen dazu neigen, ihre Kompetenz infrage zu stellen. Statt Stolz auf das Erreichte zu empfinden, äußerten viele: Ich hatte einfach Glück. Oder: Ich habe mich da irgendwie durchgemogelt.
Zu den typischen Impostor-Syndrom-Symptomen (oder Symptomen des Impostor-Syndroms) gehört, dass Betroffene glauben, andere zu täuschen – als hätten sie sich ihre Position erschlichen. Sie haben Angst, irgendwann „entlarvt“ zu werden, obwohl es dafür keinerlei objektive Hinweise gibt. Im Gegenteil: Das Umfeld erlebt sie oft als kompetent, souverän und engagiert.
Auch mein Klient T., Volljurist in einem internationalen Unternehmen, beschreibt genau dieses Spannungsfeld. Nach außen wirkt er ruhig, analytisch, erfahren – intern wird er regelmäßig als Top-Talent bezeichnet. Trotzdem dachte er lange: Andere Anwälte wissen viel mehr. Ich bin in die Kanzlei nur irgendwie reingerutscht. Die Folge: Er bereitete sich überakribisch auf Meetings vor, mied Gelegenheiten zur Sichtbarkeit und lehnte Projekte ab, die mit seinem eigentlichen Karriereziel übereinstimmten – aus Angst, den Erwartungen nicht zu genügen.
Das Impostor-Syndrom ist mehr als nur gelegentlicher Zweifel: Es ist ein tieferer innerer Konflikt zwischen Selbstbild und Realität – und genau dieser Konflikt kann Karrieren bremsen oder sogar langfristig belasten.
Wichtig: Das Impostor-Syndrom ist keine psychische Erkrankung, sondern ein weit verbreitetes Erlebensmuster. Es kann phasenweise auftreten – etwa bei neuen Herausforderungen – oder über Jahre hinweg bestehen. Häufige Begleiterscheinungen sind innere Unruhe, Grübeln, Perfektionismus, ein ständiger Rechtfertigungsdruck oder auch das Gefühl, sich nicht entspannen zu dürfen.
Ein spannender Gegenpol zum Impostor-Syndrom ist der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt: Menschen mit geringer Kompetenz überschätzen ihre Fähigkeiten systematisch. Während sich also fachlich starke Persönlichkeiten häufig selbst unterschätzen, erkennen weniger kompetente Menschen ihre Defizite gar nicht – und wirken dadurch (fälschlicherweise) besonders selbstsicher.
Wer ist besonders vom Impostor-Syndrom betroffen?
Impostor-Syndrom bei Männern genauso häufig wie bei Frauen
Ursprünglich wurde das Impostor-Syndrom in den 1970er-Jahren anhand von Studien mit erfolgreichen Frauen beschrieben – daher galt es lange als „Frauenphänomen“. Heute wissen wir: Männer sind genauso häufig betroffen, sprechen jedoch seltener darüber. Während Frauen ihre Selbstzweifel häufig offen thematisieren, neigen Männer dazu, sie eher zu kompensieren – durch Perfektionismus, Rückzug oder dauerhafte Selbstoptimierung.
Über die Hälfte der Personen, die sich in meiner Coachingpraxis an mich wenden, sind übrigens männlich. Viele von ihnen tragen ihre Unsicherheit lange mit sich herum – oft leise, aber belastend. Im vertraulichen Rahmen sprechen sie dann zum ersten Mal über den inneren Druck, den hohen Erwartungsdruck und das Gefühl, nie genug zu sein.
Personen mit einem hohen Ausbildungsniveau und in Führungspositionen
Je höher das Qualifikationsniveau, desto ausgeprägter kann das Gefühl sein, den eigenen Erfolg nicht wirklich verdient zu haben. Besonders betroffen sind:
- Berufsanfänger:innen, die gerade die ersten Schritte ins Berufsleben machen
- Führungskräfte, die viel Verantwortung tragen
- Menschen in neuen Rollen, z. B. nach Beförderung oder Branchenwechsel
- Personen mit starkem Leistungsanspruch, perfektionistischen Tendenzen oder starker Selbstkritik
Eine KPMG-Studie aus dem Jahr 2020 belegt: 75 % der befragten weiblichen Top-Führungskräfte erleben im Laufe ihrer Karriere Impostor-Gefühle.
Impostor-Syndrom bei Juristen
In meiner Arbeit mit Jurist:innen zeigt sich besonders deutlich, wie tief die Selbstzweifel sitzen können – selbst bei beeindruckenden Lebensläufen. Eine Klientin, Anfang 40, Legal Counsel, erzählte mir: Ich weiß objektiv, dass ich das kann – aber innerlich fühlt es sich an, als würde ich jeden Tag eine Rolle spielen. Sie hatte ihre Stelle durch einen internen Wechsel bekommen und kämpfte seitdem mit dem Gefühl, nicht genug Fachwissen mitzubringen – obwohl sie ihr Team mit Ruhe, Weitblick und fachlicher Souveränität führte.
Gerade in der juristischen Branche, wo viel Wert auf Präzision, Status und Fehlervermeidung gelegt wird, ist das Impostor-Syndrom weit verbreitet. Ich begleite in meinen Coachings regelmäßig Anwälte oder Richter, die spüren: Eigentlich läuft alles gut – und trotzdem nagt etwas an mir.
Vielleicht spüren Sie beim Lesen: Das kenne ich. Dann lohnt sich der nächste Schritt – ob im Austausch mit anderen, beim Lesen von Fachliteratur oder im Rahmen eines Coachings. In meinem Persönlichkeitscoaching für Jurist:innen unterstütze ich Sie dabei, Ihre Selbstzweifel besser zu verstehen – und langfristig mehr innere Sicherheit aufzubauen.
Diversity als Risikofaktor fürs Impostor-Syndrom
Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen – sogenannte „Vorreiter:innen“ – erleben das Impostor-Syndrom besonders häufig. Wer das Gefühl hat, nicht dazuzugehören, steht oft unter erhöhtem Druck, sich beweisen zu müssen.
Häufig betrifft das:
- Erstakademiker:innen, die als Erste in ihrer Familie studieren
- Frauen in männerdominierten Branchen
- Menschen mit Migrationshintergrund
Gerade Erstakademiker:innen – also bildungsstarke Personen aus bildungsfernen Familien – erleben als soziale Aufsteiger:innen den Eintritt in neue soziale Kontexte oft als innerlich widersprüchlich: Gehöre ich hier wirklich dazu?
Ein Beispiel aus meiner Praxis: Mein Klient C. ist Sohn türkischer Eltern, aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie, und der Erste in seiner Familie mit Universitätsabschluss. Heute arbeitet er als Jurist in einer renommierten Boutique-Kanzlei. Fachlich ist er exzellent, wird von Mandant:innen und Kolleg:innen gleichermaßen geschätzt. Und doch kämpfte er lange mit dem Gedanken: Ich bin anders – und ich muss doppelt so hart arbeiten, um hier anerkannt zu werden. Trotz positiver Rückmeldungen sprach er von „Quote“ oder „Zufall“, wenn es um seinen Karriereweg ging – nicht aus Koketterie, sondern aus echtem Zweifel.
Hochstapler-Syndrom-Test: Sind Sie betroffen?
Das Impostor-Syndrom zeigt sich oft subtil – über Gedanken, die sich wiederholen, und Muster, die kaum hinterfragt werden. Viele Menschen merken erst im Gespräch oder im Coaching, wie stark sie sich selbst kleinhalten. Der folgende Selbsttest hilft Ihnen, Ihre eigenen Denk- und Verhaltensmuster besser einzuordnen.
Wie viele der folgenden Aussagen treffen auf Sie zu?
- Ich habe oft das Gefühl, meine Erfolge seien Zufall oder pures Glück.
- Ich fürchte insgeheim, andere könnten erkennen, dass ich eigentlich nicht kompetent genug bin.
- Ich tue mich schwer damit, Lob oder Anerkennung anzunehmen.
- Ich setze mir selbst extrem hohe Maßstäbe – deutlich höher als anderen gegenüber.
- Ich vergleiche mich regelmäßig mit Kolleg:innen oder anderen Personen – meist nach oben.
- Ich denke häufig: Das kann doch eigentlich jede:r – warum werde ich dafür gelobt?
- Ich bereite mich überdurchschnittlich lange vor, um bloß keine Schwäche zu zeigen.
- Ich frage mich, ob ich meine Rolle wirklich „verdiene“ – oder ob ich einfach Glück hatte.
Wenn Sie mehrere dieser Aussagen mit Ja beantworten, ist es gut möglich, dass Sie vom Impostor-Syndrom betroffen sind. Entscheidend ist dabei nicht, ob Sie solche Gedanken haben – sondern wie sehr sie Ihr Selbstbild, Ihre Entscheidungen oder Ihr Verhalten beeinflussen.
Was sind die Ursachen des Impostor-Syndroms?
Das Impostor-Syndrom entsteht selten durch einen einzelnen Auslöser. Vielmehr handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel psychologischer, sozialer und struktureller Faktoren, die sich über Jahre hinweg entwickeln. Dabei beeinflussen sowohl persönliche Erfahrungen als auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen unser inneres Erleben – oft unbewusst.
Familiäre Prägungen und frühe Rollenzuschreibungen
Das Hochstapler-Syndrom hat seine Wurzeln oft in der Kindheit. Viele Betroffene blicken auf eine Kindheit zurück, in der Leistung eine zentrale Rolle spielte. Sie galten früh als „das kluge Kind“, dem man viel zutraute – oder wurden ständig mit Geschwistern verglichen.
Anerkennung gab es meist für gute Noten, Disziplin oder besondere Leistungen – weniger für Persönlichkeit oder individuelle Entwicklung. Wer unter solchen Bedingungen aufwächst, entwickelt oft tief verankerte Glaubenssätze wie: Ich bin nur dann etwas wert, wenn ich funktioniere.
Leistungskultur, Perfektionismus und überhöhte Ansprüche
In vielen Branchen – insbesondere auch in der Rechtsbranche – gilt Leistung als zentrales Kriterium für Selbstwert und Zugehörigkeit. Wer lernt, dass Fehler keine Option sind, entwickelt oft überhöhte Maßstäbe und perfektionistische Strategien. Gut reicht nicht – es muss fehlerfrei, brillant und unanfechtbar sein.
Perfektionismus schützt kurzfristig vor Kritik, verhindert aber langfristig echte Selbstsicherheit. Denn wer ständig daran arbeitet, nicht zu scheitern, lernt nicht, mit Erfolgen souverän umzugehen.
Soziale Vergleiche und die Wirkung scheinbar perfekter Lebensläufe
Gerade Social Media vermittelt oft ein verzerrtes Bild von beruflichem Erfolg. Auf Plattformen wie LinkedIn sehen wir makellose Lebensläufe, neue Positionen, Auszeichnungen – aber kaum Zweifel, Umwege oder Unsicherheiten.
Dieser Vergleich mit scheinbar perfekten Karrieren verstärkt das Gefühl: Alle anderen sind souverän, nur ich nicht.
Das eigene Erleben wirkt im Kontrast dazu unzureichend – auch wenn objektiv alles stimmt. Genau hier findet das Impostor-Syndrom oft seinen Nährboden.
Übergangsphasen und neue Rollen
Impostor-Gefühle treten besonders häufig in Übergangsphasen auf – etwa beim Einstieg ins Berufsleben, nach einer Beförderung, beim Wechsel in eine neue Rolle oder nach einer längeren Pause.
Diese Phasen gehen mit Unsicherheit, steigendem Erwartungsdruck und einem erhöhten Maß an Sichtbarkeit einher. Kein Wunder also, dass sich gerade dann Zweifel an der eigenen Kompetenz melden.
Eine Studie von KPMG (2020) zeigt: 75 % der befragten weiblichen Führungskräfte haben im Laufe ihrer Karriere Impostor-Gefühle erlebt – besonders nach einem Karriereschritt oder in neuen Verantwortungsbereichen. Die Diskrepanz zwischen äußerem Erfolg und innerem Erleben wird gerade in solchen Momenten besonders deutlich.
Folgen des Impostor-Syndroms
Das Impostor-Syndrom ist kein „Luxusproblem“, sondern kann erhebliche Auswirkungen auf Karriere, Gesundheit und Lebensqualität haben – vor allem dann, wenn es über längere Zeit unbeachtet bleibt. Es wirkt wie ein innerer Gegenstrom: Außen läuft vieles gut, doch innen entsteht Druck, Zweifel und Überlastung.
Chronischer Stress und Erschöpfung
Wer ständig das Gefühl hat, nicht gut genug zu sein, befindet sich in einem Daueranspannungsmodus. Es entsteht ein Gefühl innerer Alarmbereitschaft: bloß keinen Fehler machen, nicht auffliegen, immer einen Schritt voraus sein.
Dieser Druck führt langfristig zu Erschöpfung, innerer Unruhe und Schlafproblemen – oft ohne erkennbare äußere Ursache.
Perfektionismus und Aufschieben von Entscheidungen
Viele Betroffene arbeiten überdurchschnittlich viel, feilen an Details, überarbeiten Schriftsätze mehrfach – nicht, weil sie unorganisiert sind, sondern weil sie nie das Gefühl haben, dass etwas „gut genug“ ist.
Gleichzeitig fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen: Was, wenn ich mich falsch entscheide und es alle sehen? Prokrastination wird dann zur paradoxen Begleiterscheinung des Perfektionismus.
Zurückhaltung in Meetings oder Gehaltsverhandlungen
Menschen mit Impostor-Erleben zeigen oft ein auffällig stilles Verhalten in Situationen, die eigentlich Sichtbarkeit erfordern:
- Sie bringen weniger Ideen ein.
- Melden sich nicht zu Wort, obwohl sie etwas beizutragen hätten.
- Fordern keine Gehaltserhöhungen oder Beförderungen ein.
Warum? Weil sie glauben, „noch nicht so weit“ zu sein – oder dass sie sich erst „beweisen“ müssten.
Karrierehemmnisse durch Selbstsabotage
Aus Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen, lehnen viele Betroffene Chancen ab: Projektleitungen, öffentliche Auftritte, Führungsrollen. Sie sabotieren – meist unbewusst – ihre eigene Weiterentwicklung.
Oft stehen hinter Aussagen wie „Das ist nichts für mich“ oder „Ich bin nicht so der Karrieretyp“ tieferliegende Selbstzweifel.
Beeinträchtigte psychische Gesundheit
Langfristig kann das Impostor-Syndrom die mentale Gesundheit belasten:
- Ängste
- depressive Verstimmungen und Depressionen
- psychosomatische Beschwerden
- bis hin zu echten Erschöpfungszuständen (Burnout)
Spannungen in beruflichen Beziehungen
Auch das Miteinander im Team leidet, wenn Selbstzweifel regieren:
- Man fragt nicht um Hilfe, obwohl es nötig wäre.
- Man vertraut Kolleg:innen weniger, aus Angst, kontrolliert zu werden.
- Oder man übernimmt zu viel – und fühlt sich am Ende ausgenutzt.
Impostor-Syndrom als Einstellungshindernis
Das Impostor-Syndrom wirkt sich nicht nur im Berufsalltag aus – es beginnt oft schon im Bewerbungsprozess. Viele Betroffene halten sich selbst für weniger qualifiziert, als sie tatsächlich sind, und scheitern nicht an fehlender Eignung, sondern an inneren Zweifeln: Das passt nicht zu mir. Dafür bin ich noch nicht bereit. Andere haben bestimmt mehr Erfahrung.
Solche Gedanken führen dazu, dass qualifizierte Kandidat:innen sich gar nicht erst bewerben – oder bei Initiativbewerbungen zurückhaltend, unklar oder übervorsichtig auftreten. Besonders problematisch ist das bei Menschen, die eigentlich auf dem Sprung zur nächsten Karrierestufe sind – zum Beispiel in Richtung Inhouse-Position, Führungsrolle oder Kanzleiwechsel.
Im Bewerbungsgespräch zeigen sich die Impostor-Gefühle dann oft auf subtile Weise:
- Unsicherheiten beim Formulieren der eigenen Stärken
- Schwierigkeiten, berufliche Erfolge zu benennen
- Relativierende Sprache wie „Das war ja Teamarbeit“ oder „Ich habe da nur unterstützt“
- Körpersprache, die Zögern oder Selbstzweifel signalisiert
Ein Beispiel: Meine Klientin A., langjährige Associate in einer Großkanzlei, wollte sich auf eine Inhouse-Stelle bewerben, tat sich aber schwer mit dem Anschreiben. Immer wieder schrieb sie Sätze wie: „Ich würde mich freuen, mich bei Ihnen beweisen zu dürfen.“
Erst im Coaching konnten wir den Fokus verschieben – weg von „bitte gib mir eine Chance“ hin zu „Ich bringe relevante Erfahrung mit – und kann Mehrwert schaffen.“
Am Ende bekam sie die Stelle – nicht, weil sie sich perfekt präsentierte, sondern weil sie authentisch, klar und selbstbewusst über ihren beruflichen Weg sprach.
Unzufrieden im Job – was Sie tun können
Wenn Selbstzweifel dauerhaft an Ihrer Arbeitszufriedenheit nagen, ist das kein Zeichen von Schwäche – sondern ein Signal, genauer hinzuschauen. Viele Menschen mit Impostor-Erleben spüren: Ich funktioniere – aber ich fühle mich dabei nicht wohl.
Sie leisten viel, zweifeln innerlich, und erleben ihren Job zunehmend als Belastung statt als erfüllend. Die gute Nachricht: Es gibt konkrete Schritte, mit denen Sie gegensteuern können.
Tauschen Sie sich mit Kolleg:innen aus
Was oft unterschätzt wird: Ein offenes Gespräch kann enorm entlasten. Viele denken, sie seien allein mit ihren Zweifeln – bis sie merken: Auch andere kennen dieses Gefühl.
Suchen Sie bewusst das Gespräch mit Kolleg:innen Ihres Vertrauens – nicht nur über Inhalte, sondern über das Erleben dahinter.
Ein Beispiel: Eine Klientin, Anfang 30, Legal Counsel, schilderte, dass sie seit Monaten mit Selbstzweifeln kämpfte – und überzeugt war, dass alle anderen viel souveräner seien. Erst in einem Teammeeting, als eine Kollegin sich ähnlich äußerte, wurde ihr klar: Ich bin nicht allein mit diesen Gedanken. Dieser Perspektivwechsel war ein wichtiger Wendepunkt.
Holen Sie sich Feedback ein
Objektives, konstruktives Feedback ist oft der erste Schritt zu einem realistischeren Selbstbild.
Bitten Sie gezielt um Rückmeldung zu konkreten Aufgaben oder Projekten – und hören Sie bewusst hin, ohne gleich innerlich zu relativieren. Schreiben Sie sich positives Feedback auf. So entsteht Schritt für Schritt ein „Beweis-Archiv“ gegen die innere Abwertung.
Hinterfragen Sie Ihre Gedanken
Viele Impostor-Gefühle beruhen auf automatisierten Denkmustern.
Fragen Sie sich aktiv:
- Welche konkreten Beweise sprechen dafür, dass ich meinen Erfolg nicht verdient habe?
- Würde ich bei einer Kollegin oder einem Kollegen dieselben Zweifel für berechtigt halten?
- Was spricht objektiv für meine Rolle – trotz meines inneren Zweifels?
Sie trainieren damit, Ihre Gedanken kritisch zu prüfen – statt ihnen blind zu glauben.
Ziehen Sie professionelle Unterstützung in Betracht
Coaching kann helfen, Selbstzweifel besser zu verstehen, gedankliche Blockaden aufzulösen und das eigene Selbstbild nachhaltig zu stärken.
Viele meiner Klient:innen erleben im Coaching zum ersten Mal, wie entlastend es ist, sich ohne Druck zu reflektieren – und mit der eigenen beruflichen Identität innerlich anzukommen.
Wenn Sie merken, dass Impostor-Gefühle Ihre berufliche Zufriedenheit beeinträchtigen, begleite ich Sie gern im Rahmen meines Persönlichkeitscoachings für Jurist:innen.
Wie man das Hochstapler-Syndrom überwinden kann
Ein bewusster Umgang mit Impostor-Gefühlen hilft, das Selbstbild langfristig zu stabilisieren. Wichtig: Es geht nicht darum, diese Selbstzweifel völlig zu eliminieren, sondern einen gesunden Umgang mit ihnen zu entwickeln. Diese Schritte können unterstützen:
Sprechen Sie mit Anderen
Der offene Austausch relativiert die eigenen Gedanken. Wer erlebt, dass andere ähnliche Zweifel haben, fühlt sich sofort weniger allein – und kann beginnen, das eigene Erleben zu hinterfragen.
Wichtig: Nicht jede:r möchte oder kann im beruflichen Kontext über innere Unsicherheiten sprechen – und das ist völlig verständlich.
Wenn Sie das Gefühl haben, sich im vertraulichen Rahmen besser öffnen zu können: Ein Coaching kann genau dieser geschützte Raum sein. Zum Persönlichkeitscoaching für Jurist:innen.
Lernen Sie Komplimente anzunehmen
Vermeiden Sie Relativierungen wie „War doch nichts.“ oder „Das hätte jede:r geschafft.“ Winston Churchill wird zitiert mit dem Satz: „Die beste Antwort auf ein Kompliment ist ein einfaches Danke.“
Führen Sie ein Erfolgstagebuch
Notieren Sie regelmäßig, was gut läuft: kleine Fortschritte, positive Rückmeldungen, geschaffte Aufgaben. Das stärkt Ihr Selbstbild – nicht als Selbstbeweihräucherung, sondern als Gegengewicht zur inneren Kritikerstimme.
Oft nehmen wir Gutes kaum wahr – während Fehler und Unsicherheiten sofort haften bleiben.
Das Erfolgstagebuch muss kein Roman sein – drei Sätze am Ende des Tages genügen. Wichtig ist: Sie trainieren Ihre Wahrnehmung für das, was gelingt.
Fachbücher zum Impostor-Syndrom – ein guter Einstieg
Ein Hochstapler-Syndrom-Buch kann ein guter Einstieg in das Thema sein – besonders, wenn Sie erst einmal für sich selbst verstehen möchten, was hinter dem Impostor-Syndrom steckt. Die folgenden Bücher bieten fundierte Informationen, persönliche Einblicke und praxisnahe Impulse:
- Sabine Magnet: Und was, wenn alle merken, dass ich gar nichts kann?
- Dr. Michaela Muthig: Und morgen fliege ich auf
Fazit: Sie sind nicht allein – und Sie können etwas dagegen tun
Das Impostor-Syndrom betrifft viele Menschen – gerade diejenigen, die fachlich stark, engagiert und verantwortungsbewusst sind. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hinweis darauf, dass Selbstbild und Realität auseinanderklaffen.
Die gute Nachricht: Sie können lernen, besser mit diesen inneren Mustern umzugehen. Schon kleine Veränderungen – wie der Austausch mit anderen, ein bewusstes „Danke“ auf Lob oder das Führen eines Erfolgstagebuchs – können Ihre Selbstwahrnehmung nachhaltig stärken.
Wenn Sie sich tiefer mit Ihren Impostor-Mustern auseinandersetzen möchten, begleite ich Sie gerne im Rahmen meines Persönlichkeitscoachings für Jurist:innen.
Darin schaffen wir gemeinsam Raum für Reflexion, innere Klarheit und mehr Sicherheit in Ihrem beruflichen Alltag. Mehr erfahren
Sie haben es verdient, sich in Ihrer Rolle sicher zu fühlen – nicht nur nach außen, sondern auch im Inneren.
Ich bin Anna von Troschke –
Coach. Sparringspartnerin. Juristin.